Erhebung von Gleichheits- und Partizipationsdaten
Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist in nationalen und internationalen Rechtsinstrumenten festgeschrieben. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) beispielsweise ermöglicht auf nationaler Ebene Klagen wegen Ungleichbehandlung zu führen, um individuelle Diskriminierung zu sanktionieren. Neben individuellen Fällen von Diskriminierung bestehen institutionelle Formen von Ausgrenzung, die gleichermaßen bearbeitet werden müssten. In den Bereichen Gleichstellung von Frauen oder Menschen mit Behinderung werden seit geraumer Zeit regelmäßig vielfältige Datenerhebungen durchgeführt, die es ermöglichen Problemlagen zu erkennen und entsprechende zielgerichtete Maßnahmen zu ergreifen. Für den Bereich der rassistischen, ethnischen, religiösen oder kulturellen Ausgrenzungen ist die Erhebung von Daten aus historischen Gründen in Deutschland äußert umstritten und wird sehr kontrovers diskutiert.
Das folgende Beispiel illustriert jedoch, dass das Erheben von Gleichheits- und Partizipationsdaten durchaus sinnvoll ist, sofern bestimmte Grundsätze eingehalten werden.
Die PISA Studie 2003 verdeutlichte, dass Kinder mit Migrationshintergrund geringere Chancen als Kinder ohne Migrationshintergrund im Bildungssystem erhielten und somit schlechtere Lernerfolge erzielten. Erst durch die Datenerhebung wurde die Ursache – der durchaus zuvor schon wahrgenommenen Problemlage – sichtbar. In der Folge wurden Maßnahmen ergriffen, deren positive Wirkung durch kontinuierliches Monitoring nachgewiesen werden konnte.
Auch in anderen Lebensbereichen, die anfällig sind für Ausgrenzung aufgrund der ethnischen Zuschreibung, könnten über eine zielorientierte und datenschutzrechtlich abgesicherte Datenerhebung, die ausschließlich auf Freiwilligkeit und Selbstkategorisierung beruht, Ursachen von Problemlagen erkannt und angemessene Maßnahmen ergriffen werden. Deren Wirksamkeit könnte durch Folgeerhebungen eingeschätzt und die Maßnahmen entsprechend angepasst werden.
In konkreten Fällen von Diskriminierung können Statistiken mitunter zur Beweisführung bei gerichtlichen Klagen herangezogen werden.
Außerdem hat die Bundesrepublik als Unterzeichner von verschiedenen Menschenrechtskonventionen die Verpflichtung, regelmäßig zu den jeweiligen Bereichen Bericht zu erstatten. Hierzu werden Angaben zur Zusammensetzung der Bevölkerung, Diskriminierungsvorkommnissen oder der Umsetzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes abgefragt, wofür Deutschland vermehrt gerügt wurde, weil solche Daten nur bedingt vorliegen.
Das vorliegende Dossier möchte Ihnen Informationen zur Erhebung und Nutzung von Gleichheits- und Partizipationsdaten anbieten.
Wir stellen in diesem Dossier die Ausgangslage dar, indem wir u.a. die Begriffe Gleichheits- und Partizipationsdaten einführen, die bisherige Praxis vorstellen und den möglichen Einsatz der Daten erläutern.
Wir stellen Ihnen außerdem den in der Bundesrepublik geltenden Rechtsrahmen zur Erhebung von sogenannten sensiblen Daten vor. Das sind Persönlichkeitsdaten, die versuchen ethnische Kategorien abzubilden und sich auf die politische Weltanschauung, Religionszugehörigkeit oder die sexuelle Orientierung beziehen.
Darüber hinaus führen wir allgemeingültige Grundsätze ein, die bei der Erhebung von sensiblen Daten unabdingbar eingehalten werden müssen.
Wir stellen Ihnen darüber hinaus Erfahrungen aus verschiedenen Ländern vor, in denen eine Tradition der Erhebung von Gleichheitsdaten besteht und in denen ausgereifte und pragmatische Mechanismen sowie Regelungen zur Datenerhebung und -nutzung entwickelt wurden.
Außerdem bieten wir Ihnen eine Zusammenstellung relevanter Materialien zum Thema an.
Wir danken Reini Joosten und Nadine Weber herzlich für die Erstellung des Dossiers.
Hier finden Sie das Dossier als druckfreundliche Vollversion.