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Staatliches Handeln ist an den Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes gebunden, was eine Ungleichbehandlung beispielsweise aufgrund der Religion ausschließt. Hiervon dürfen staatliche Institutionen nur abweichen, wenn eine gesetzliche Ausnahmeregelung vorgesehen ist. 

Ein Beispiel für eine solche Ausnahmeregelung ist das Neutralitätsgebot der Richter*innen. Diese müssen in der Ausübung ihres Amtes auch eine religiöse Neutralität wahren. Im Gegensatz hierzu üben Rechtsreferendar*innen keine richterliche Tätigkeit aus und fallen somit nicht unter das richterliche Neutralitätsgebot.

Abgeschlossene Klagen

Auflage für Rechtsreferendarin bei Gericht

Die Klägerin absolvierte im Rahmen ihres juristischen Referendariates ihre Pflichtstation bei einem bayrischen Amtsgericht. Ihr wurde die Auflage erteilt, „bei Ausübung hoheitlicher Tätigkeit mit Außenwirkung“ das Tragen ihres muslimischen Kopftuchs zu unterlassen. Als die Klägerin sich aus Glaubensgründen weigerte, das Kopftuch abzulegen, durfte sie während dieser Ausbildungsphase nicht wie für Referendar*innen in der Regel üblich am Richter*innentisch Platz nehmen, um dort unter der Aufsicht der Ausbildungsrichterin die gerichtliche Sitzung zu leiten. Nachdem sie sich zunächst erfolglos im Beschwerdeweg gegen die Auflage gewandt hatte, erhob sie vor dem Verwaltungsgericht Augsburg Klage (Az. Au 2 K 15.457).

Am 30.06.2016 urteilte das Verwaltungsgericht Augsburg, dass die an die Referendarin gerichtete Auflage, mit der ihr „bei Ausübung hoheitlicher Tätigkeit mit Außenwirkung“ das Tragen eines Kopftuchs verboten wurde, rechtswidrig ist, da diese einer Rechtsgrundlage entbehre. Das BUG hatte die Klage mit einer Beistandschaft begleitet. Das vollständige schriftliche Urteil ist hier zugänglich.

Hier finden Sie die Pressemeldung des BUG und des Anwalts zur ersten Instanz. Sie können zum ersten Urteil außerdem unseren Pressespiegel lesen.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache wurde die Berufung zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof München zugelassen. Die entsprechende Verhandlung fand am 07.03.2018 statt. In zweiter Instanz wies der VGH Bayern die Klage ab.

Hier finden Sie die Pressemeldung des BUG und einen Pressespiegel zum zweitinstanzlichen Urteil.

Das BUG beantragte gemeinsam mit dem Anwalt die Revision. Die Klage wurde am 12.11.2020 letztinstanzlich vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig  verhandelt. Da sich das Kopftuchverbot nicht auf ein parlamentarisches Gesetz stützen konnte, war es rechtwidrig. Das Berufungsurteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs München wurde somit aufgehoben und der Klägerin letztinstanzlich Recht gegeben, wie hier im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu lesen ist.

Hier finden Sie die Pressemeldung des BUG zum letztinstanzlichen Urteil. Wir haben außerdem einen Pressespiegel erstellt.

Die Bayerische Staatsregierung und das Bundesverwaltungsgericht haben ebenfalls Pressemitteilungen zum Urteil veröffentlicht.