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Nationale Urteile:

Keine Einstellung wegen Kopftuch

Oberlandesgericht Celle, Urteil vom 13.02.2014 – 13 U 37/13
Landgericht Lüneburg, Urteil vom 15.01.2013 – 9 O 261/12

Die Klägerin ist Deutsche mit türkischen Wurzeln und trägt ein muslimisches Kopftuch. Sie hatte sich auf eine Stellenanzeige einer privaten Arbeitsvermittlerin beworben. Dort wurde ihr mitgeteilt, dass sie mit Kopftuch nicht vermitteln werde.

Die Klägerin ging zu einer Antidiskriminierungsberatung und reichte eine Klage ein.

Das Oberlandesgericht Celle hat eine Diskriminierung bejaht. Die Klägerin erhielt eine Entschädigung von 1.850,- EUR.

 

Kündigung wegen russischen Akzents

Landesarbeitsgericht Bremen, Urteil vom 29.06.2010 – 1 Sa 29/10 

Die Klägerin ist Kauffrau für Spedition und Logistik und deutsche Staatsangehörige. Sie spricht mit russischem Akzent. Seit 20.01.2009 war sie Angestellte in dem beklagten Logistikunternehmen. Zu ihren Aufgaben gehörte u. a. der Telefondienst (Kundenkontakt). Am 11.03.2009 kam es zu einem Gespräch zwischen der Klägerin und dem Geschäftsführer der Beklagten, bei dem der Geschäftsführer behauptete, dass sich die Kunden vor dem russischen Akzent der Klägerin erschrecken würden und dieser negative Auswirkungen auf die Außenwirkung des Unternehmens habe. Danach durfte die Klägerin keine Telefonanrufe mehr beantworten und erhielt mit Schreiben vom 07.04.2009 die Kündigung.

In dieser Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist eine Diskriminierung wegen der ethnischen Herkunft gem. § 1 AGG zu sehen, da diese an den russischen Akzent der Klägerin anknüpfte und diese dadurch eine weniger günstige Behandlung erfahren hat als ein/e Arbeitnehmer/in ohne russischen Akzent.

Der Klägerin wurde ein Entschädigungsanspruch von drei Monatsgehältern zugesprochen.

 

Sprachtest per Telefon entspricht mittelbarer Diskriminierung

Arbeitsgericht Hamburg, Urteil vom 26.01.2010, 25 Ca 282/09

Der in der Elfenbeinküste geborene Kläger bewarb sich als Postzusteller bei der Beklagten – ein Unternehmen der Postbranche. Laut Stellenanzeige sollten die Bewerber die deutsche Sprache in Wort und Schrift beherrschen. Die Muttersprache des Klägers ist Französisch, er lebt seit 2002 in Deutschland und beendete im März 2008 erfolgreich eine in deutscher Sprache durchgeführte Ausbildung. Das Auswahlverfahren des Postunternehmens sieht vor, dass ein Telefonat mit dem/der jeweiligen Bewerber_in durchgeführt wird, um vorher darüber zu entscheiden, ob er oder sie zu einem persönlichen Gespräch eingeladen wird. Dabei wird der ansprechende Ausdruck in deutscher Sprache beurteilt.

Laut Beklagter hatte sich der Kläger nicht ansprechend klar und deutlich ausgedrückt.

Das Arbeitsgericht sieht in der Art, wie das Bewerbungsverfahren durchgeführt wird, eine mittelbare Benachteiligung wegen der ethnischen Herkunft: Es führt aus, dass Bewerber, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, von der Vorgehensweise der Beklagten (telefonischer Erstkontakt im Bewerbungsverfahren in Verbindung mit deutlicher und ansprechender Aussprache) erheblich häufiger nachteilig betroffen sind als Bewerber mit deutscher Muttersprache. Das Auswahlverfahren ist sachlich nicht durch ein rechtmäßiges Ziel gemäß § 3 Abs. 2 AGG gerechtfertigt und auch nicht angemessen.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger eine Entschädigung in Höhe von drei Bruttomonatsgehältern, also 5.400,- EUR zu zahlen.

 

„Stellenausschreibung richtet sich leider an deutsche Muttersprachler“

Arbeitsgericht Berlin, Urteilvom 11.02.2009 – 55 Ca 16952/08

Die Klägerin ist gebürtig aus der Dominikanischen Republik, absolvierte ihren Magister in Mexiko-Stadt und ihren Master in Berlin. Der Beklagte ist ein Kunstverein, der in einer Stellenausschreibung eine Kulturmanagerin suchte. Die Klägerin hat viel Berufserfahrung in dem Bereich und bewirbt sich aus Interesse an der ausgeschriebenen Tätigkeit.

Auf Nachfrage der Bewerberin antwortet der Kunstverein, dass sich die Stellenausschreibung leider an deutsche Muttersprachler richte. Dieses Kriterium wurde zuvor in der Ausschreibung nicht vermerkt. Während der Verhandlung führt der Beklagte aus, dass damit die Notwendigkeit ausgezeichneter Deutschkenntnisse in Wort und Schrift gemeint war.

Bereits vor Ende des Bewerbungsverfahrens wurde die Klägerin aus dem Kreis der weiterverfolgten Bewerbungen ausgeschlossen, und zwar mit der Begründung, die Stelle käme für sie als nicht-deutsche Muttersprachlerin nicht in Betracht. Dies stellt ein gewolltes Ausschließen von Personen, die keine deutschen Muttersprachler_innen sind dar, was wiederum zwingend eine Andersbehandlung wegen ethnischer Herkunft dieser Personen veranschaulicht:

„Deutsche Muttersprachler kommen nur in einem kleinen Teil der die Welt bevölkernden Ethnien vor, so dass das Kriterium der deutschen Muttersprache zu einem Ausschluss einer großen Zahl von Ethnien führt.“, so das Berliner Arbeitsgericht. Weiter sieht das Gericht keine Notwendigkeit eines deutsche_n Muttersprachlers_in für die Stelle, da schließlich auch Nicht-Muttersprachler_innen über perfekte Deutschkenntnisse verfügen können.

In der Voraussortierung der Klägerin liegt eine Benachteiligung wegen des Merkmals der Ethnie. Die Beklagte wird zu einer Entschädigung in Höhe von 3.900 €, was drei Monatsgehältern entspricht, verurteilt.

 

EuGH Urteile:

Ethnische Diskriminierung durch öffentliche Äußerungen eines Arbeitgebers (Feryn)

Die Klage wurde vom Belgischen Zentrum für Chancengleichheit und zur Bekämpfung von Rassismus gegen das Unternehmen NV Firma Feryn vorgebracht.

Das Urteil des Gerichtshofes hebt hervor, dass die öffentliche Aussage eines Arbeitgebers, dass er Arbeitnehmer*innen aufgrund ihrer Rasse oder ethnischen Herkunft nicht beschäftigen wird, eine unmittelbare Diskriminierung bei der Einstellung im Sinne der Richtlinie 2000/43/EG begründet, da solche Äußerungen bestimmte Bewerber*innen ernsthaft davon abhalten könnten, ihre Bewerbungen einzureichen, und damit ihren Zugang zum Arbeitsmarkt behindern.

EuGH Urteil vom 10.07.2008-Rs. C-54/07