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Behandlung wegen HIV-Infektion verweigert

Landgericht Stendal, Urteil vom 06.11.2013 – 21 O 240/12

Der Kläger ist dunkelhäutig, homosexuell, HIV-positiv und wurde aufgrund heftiger Schmerzen von einer Ärztin in die Notfallambulanz der Beklagten überwiesen. Unter Hinweis auf die HIV-Infektion untersagte der behandelnde Oberarzt eine eingehende Behandlung. Er verschrieb lediglich eine Salbe, entzog sich aber der weiteren Behandlung. Der Kläger, weiter unter heftigen Schmerzen leidend, musste daraufhin in ein anderes Krankenhaus fahren, um behandelt zu werden.

Nach dem Vorfall zeigte der Kläger das Verhalten der Beklagten bei der Ärztekammer Sachsen-Anhalt an. Nach deren Prüfung stellte die Ärztekammer fest, dass die abgelehnte Untersuchung nicht begründet sei. Trotzdem legte sie keine berufsrechtlichen Maßnahmen ein.

Die Beklagte begründet ihre Ablehnung der weiteren Untersuchung mit der Privatautonomie. Da kein Notfall vorgelegt habe, musste sie den Behandlungsvertrag mit dem Kläger nicht schließen. Außerdem hätte der behandelnde Arzt Schürfwunden an den Händen gehabt – er wollte sich vor einer HIV-Infektion schützen.

Das Landgericht Stendal war anderer Auffassung: Ein Behandlungsvertrag sei schon deshalb zustande gekommen, da der Kläger um Behandlung nachgesucht hat und die Beklagte den Patienten – wenn auch unzureichend – untersuchte. Außerdem hätte der behandelnde Oberarzt Latex-Handschuhe über seine Schürfwunden ziehen können. Es führte weiter aus: „Ein Patient muss darauf vertrauen können, dass die mögliche ärztliche Versorgung in einem Krankenhaus auch tatsächlich gewährt wird. Dies trifft auf den Kläger, der an der Immunschwäche HIV leidet und daher gesundheitlich labil ist, in besonderem Maße zu.“

Das Gericht betonte, dass der behandelnde Oberarzt vorsätzlich diskriminiert habe: „der Abbruch der gebotenen Behandlung durch den Oberarzt der Beklagten [erfolgte] wegen der Zugehörigkeit des Klägers zu mehreren gesellschaftlichen Randgruppen […] , nämlich zu Ausländern, Schwarzen, Homosexuellen und HIV-Infizierten“. Dabei beruft sich das Gericht auf § 22 AGG, um diese Feststellung zu begründen. Der Abbruch sei völlig inakzeptabel.

Dem Kläger wird ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000,- EUR wegen unzureichender ärztlicher Behandlung gem. §§ 280 Abs. 1, 611, 253 Abs. 2 BGB zugesprochen.      

Das BUG äußerte zu dem Urteil:

"Es bleibt wunderlich, wieso sich der Anwalt des Klägers nicht auf das AGG bezogen hat. Der Umstand, dass sich das Gericht auf das AGG berufen hat, um die Höhe des Schmerzensgeldes zu begründen, zeigt, dass eine Diskriminierung nach dem AGG vorliegt.

Des Weiteren möchten wir anmerken, dass es sich im vorliegenden Fall um eine Mehrfachdiskriminierung handelt. Das Urteil ist nur hilfsweise unter dieser Überschrift aufgeführt, könnte aber genauso gut unter den Punkten Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität oder wegen ethnischer Herkunft stehen."

 

Ablehnung einer privaten Krankenhauszusatzversicherung

Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 27.05.2010 – 9 U 156/09

Der Kläger ist Vater eines zu 100 % behinderten Kindes. Als Versicherungsnehmer der Beklagten beantragte er den Abschluss einer Krankenhauszusatzversicherung zu Gunsten auch seines Kindes. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Hinweis auf die Erkrankung des Kindes ab.

Ein Versicherungsgeber darf bei seiner Entscheidung über eine privatrechtliche Versicherung an bestimmte Kriterien anknüpfen. Im vorliegenden Sachverhalt war jedoch fraglich, ob die Beklagte ein rechtmäßiges Kriterium heranzog.

Das Gericht befand, dass die Ungleichbehandlung nach § 20 Abs. 2 S. 3 AGG gerechtfertigt ist. Die Berufung des Klägers wurde zurückgewiesen.