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Burkini-Verbot in Badeordnung gleichheitswidrig

OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 12.06.2019 – 10 B 10515

Der Rechtsstreit vor dem Oberverwaltungsgericht drehte sich um die von der Stadt Koblenz für ihre Hallen- und Freibäder erlassene Badeordnung. In der Badeordnung hatte der Stadtrat festgelegt, dass Badehose, Badeanzug, Bikini und Badeshorts als übliche Badebekleidung angesehen wurden. Begründet wurde dies mit der Förderung der Gesundheit durch die städtischen Schwimmbäder. Schließlich sei Personen der Zugang zum Schwimmbereich zu verwehren, wenn diese unter anstoßerregenden oder meldepflichtigen Krankheiten oder offenen Wunden beziehungsweise Hautausschlägen litten. Um diese Regelung überwachen zu können, müssten für das Badepersonal die Körper der Badegäste sichtbar sein. Bei vollständiger Bekleidung der Badegäste, wie bei einem Burkini, sei die Kontrolle hingegen unmöglich.

Diese Regelung verstößt gegen den Gleichbehandlungssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG. Trägerinnen von Burkinis werden durch die Ermöglichung der Kontrolle unbedeckter Körper zum Schutz der Gesundheit stärker belastet als vergleichbare andere Gruppen von Badegästen, welche die städtischen Schwimmbäder mit Badekleidung benutzen dürfen, die den Körper ebenfalls weitgehend bedeckt.

So ließ die Badeordnung, im Gegensatz zu Burkinis, Neoprenanzüge für Leistungsschwimmer und Triathleten im Rahmen des Schwimmtrainings zu. Neoprenanzüge können aber wie Burkinis den ganzen Körper bedecken und haben unter Umständen sogar eine Kopfhaube, sodass sie für das Badepersonal ebenso wenig Körperteile zur Kontrolle frei lassen. Eine sachliche Rechtfertigung für unterschiedliche Behandlung von Burkiniträgerinnen und Träger*innen von Neoprenanzügen gab es indes nicht, da sich weder die Anzahl der Badegäste, die Burkinis oder Neoprenanzüge trugen, wesentlich unterschied noch, dass Burkiniträgerinnen grundsätzlich weniger verantwortungsvoll handelten, wenn sie an Krankheiten litten.

 

Kopftuchverbot für Rechtsreferendarin bei Ausübung hoheitlicher Tätigkeiten mit Außenwirkung

Verwaltungsgericht Augsburg, Urteil vom 30.06.2016, Au 2 K 15.457
(Aufhebung durch VGH München, Urteil vom 07.03.2018, 3 BV 16.2040 (noch nicht rechtskräftig)

Die Klägerin erhielt bei ihrer Einstellung in den Rechtsreferendariatsdienst durch das Oberlandesgericht München eine Auflage, die ihr untersagte, bei Ausübung hoheitlicher Tätigkeiten mit Außenwirkung, etwa Sitzungsdienst der Staatsanwaltschaft oder Zeugenvernehmung, „Kleidungsstücke, Symbole und andere Merkmale“ zu tragen, „die objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die religiös-weltanschauliche Neutralität der Dienstausübung“ zu beeinträchtigen, woraus faktisch ein Verbot des Tragens des Kopftuchs für die Klägerin in bestimmten Situationen des Rechtsreferendariats folgte.

Nachdem das OLG München die beanstandete Auflage nach Ableistung der Zivil- und Strafrechtsstation durch die Klägerin aufgehoben hatte, stellte die Klägerin ihre Klage vor dem Verwaltungsgericht Augsburg auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der dienstlichen Auflage um.

Das erstinstanzliche Urteil des VG Augsburg ließ die Klage zu, da es das besondere Feststellungsinteresse der Klägerin an der Rechtswidrigkeit in Form eines Rehabilitationsinteresses gegeben sah. Darüber hinaus sah es die Klage auch als begründet an, da die Auflage in ihr Grundrecht auf Religionsfreiheit eingriff und bislang das für die Möglichkeit der Rechtfertigung eines Grundrechtseingriffs erforderliche Parlamentsgesetz fehle.

In zweiter Instanz hob der Bayerische Verwaltungsgerichtshof jedoch auf Berufung des Freistaats Bayerns hin das erstinstanzliche Urteil mit der Begründung auf, dass die Klage bereits unzulässig sei, da kein berechtigtes Interesse der Klägerin an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der bereits erledigten Auflage erkennbar sei, da diese keinen tiefgreifenden Grundrechtseingriff dargestellt habe. (BayVGH, Urteil vom 07.03.2018, 3 BV 16.2040).
Allerdings ist das Urteil des BayVGH noch nicht rechtskräftig.