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Der heute 30-jährige Ilyias Ahadi* befand sich am 19.11.2013 im Rahmen einer Geschäftsreise in der ersten Klasse des ICE 377 von Berlin nach Freiburg. Zwischen Baden-Baden und Offenburg wurde er von drei Bundespolizeibeamten einer verdachtsunabhängigen Personenkontrolle unterzogen. Sie taten dies auf der Grundlage des § 23 Abs. 1 Nr. 3 des Bundespolizeigesetzes (BPolG). Der Kläger legte seinen deutschen Personalausweis vor, woraufhin die Beamten die Unverfälschtheit des Ausweises durch einen Datenabgleich überprüften.

Herr Ahadi* wurde als einziger Zugreisender in der ersten Klasse kontrolliert. Er musste vermuten, dass seine Hautfarbe Ausschlag für die Kontrolle gegeben hatte. Er fühlte sich daher durch die Kontrolle diskriminiert und legte Klage beim Verwaltungsgericht (VG) Stuttgart (Az.1 K 5060/13) ein.

Am 22. Oktober fand die Verhandlung in Stuttgart statt. Der Vorsitzende Richter bezog sich in der juristischen Analyse überwiegend auf das sogenannte ‚Melki-Urteil‘ (C-188/10 und C-189/10) des Europäischen Gerichtshofes, welches die französische Parallelregelung zu § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG wegen Verstoßes gegen den Schengener Grenzkodex an den EU-Binnengrenzen für unanwendbar erklärt, da sie zu Maßnahmen ermächtige, welche die gleiche Wirkung wie Grenzkontrollen haben können. Verdachtsunabhängige Kontrollen in Grenznähe sind dementsprechend europarechtswidrig.

Die schriftliche Begründung des Urteils wurde am 12.11.2015 veröffentlicht. Außerdem können Sie hier auf eine Zusammenfassung des Urteils zugreifen und die Pressemeldung des BUG lesen.

Das BUG hat zudem einen Pressespiegel zum erstinstanzlichen Urteil erstellt, den Sie hier aufrufen können.

Die Bundespolizei legte Berufung ein, die entsprechende Verhandlung fand am 13.02.2018 statt.

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg urteilte in zweiter Instanz, dass die langjährige Kontrollpraxis der Schleierfahndung durch die Bundespolizei der Jahre 2008-2016 insgesamt unvereinbar mit dem Europarecht sei, wodurch Millionen Kontrollen die Rechtsgrundlage entzogen wurde. Das vollständige Urteil ist hier zugänglich. Der Fall wurde auch in der zweiten Instanz durch das BUG und den Anwalt Sven Adam juristisch unterstützt, die gemeinsame Pressemeldung zum Urteil finden Sie hier.

 

*Name geändert