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Laut einer Betroffenenbefragung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) sind Diskriminierungserfahrungen aufgrund des trans* Seins in Ärzt*innenpraxen sehr deutlich überrepräsentiert. Es wird häufig berichtet, dass Ärzt*innen und Krankenpflegepersonal ihnen ihre Geschlechtsidentität absprechen. Weiterhin entstehen Konfliktsituationen, z.B. wenn die Geschlechtsidentität bei der Zuteilung in Krankenhauszimmer nicht respektiert wird. Trans* Personen berichten ebenfalls über Schwierigkeiten in der Behandlung durch Fachärzt*innen, wie zum Beispiel Gynäkolog*innen oder Urolog*innen, da diese sich oft auf eine biologistisch - medizinische Vorstellung von Geschlecht berufen. Laut einer Befragung der Europäischen Grundrechteagentur ist Deutschland nach Bulgarien das Land mit den zweithäufigsten Diskriminierungserfahrungen bei medizinischen Untersuchungen im Jahr 2019. Mit 40 % ist der Anteil an trans* Personen, die transfeindliche Diskriminierung erlebt haben, fast doppelt so hoch wie in der Befragung von 2011. 2019 stellten die am häufigsten genannten Grenzüberschreitungen im medizinischen Zusammenhang unangemessenes Nachfragen (25 %) und das Ignorieren spezifischer Bedürfnisse (22 %) dar. Aus Angst Diskriminierung oder Intoleranz zu erleben, hat sich 19 % der Befragten in Deutschland dazu entschieden, keine medizinischen Behandlungen wahrzunehmen.

Neben Diskriminierung durch transfeindliches medizinisches Personal sehen sich trans* Personen auch im Prozess für eine geschlechtsangleichende Operation mit Hindernissen konfrontiert. Für trans* Personen können geschlechtsangleichende Maßnahmen ein (wichtiger) Bestandteil für ihren Persönlichkeitsausdruck, ihre Gesundheit und gesellschaftliche Teilhabe sein. Der Zugang dazu ist allerdings durch strukturelle Hürden eingeschränkt. So werden die 6.000 – 15.000 € für eine geschlechtsangleichende Operation nur zu einem Bruchteil von Krankenkassen übernommen. Die Pflicht, mehrere Jahre der Geschlechtsidentität entsprechend im Alltag zu leben, kann zum Beispiel Auswirkungen auf die Berufswahl mit sich bringen und wird als erniedrigend empfunden, da der Geschlechtsidentität nicht entsprechende körperliche Merkmale (z.B. Brüste oder Bart) aufwändig kaschiert werden müssen. Des Weiteren ist es für eine geschlechtsangleichende Operation nötig, psychologische Gutachten vorzulegen, sodass trans* Personen von der Einschätzung der Gutachter*innen abhängig sind. Aus diesen Gründen haben sich laut der Europäischen Grundrechteagentur 21 % der deutschen trans* Personen daher entschlossen, in einem anderen EU-Land geschlechtsspezifische Behandlung in Anspruch zu nehmen. Die strukturellen Hindernisse im Zuge geschlechtsangleichender Maßnahmen bestehen auch aufgrund von in der Gesellschaft verankerter Transfeindlichkeit und heteronormativen Vorstellungen. Jahrzehntelange Arbeit von aktivistischen trans* Personen führte dazu, dass Regelungen für geschlechtsangleichende Maßnahmen teilweise vereinfacht wurden, sodass zum Beispiel Hormontherapien generell von jedem*r dafür qualifizierten*r Ärzt*in verschrieben werden können. Erfahrungen von trans* Personen zeigen jedoch, dass sich Ärzt*innen immer noch häufig weigern Hormone, auch bei Folgerezepten, zu verschreiben. Gleichzeitig nutzen jedoch konservative politische Akteur*innen Berichte über Personen, welche sich nicht mehr als trans* identifizieren und „detransitionieren“, um geschlechtsangleichende Maßnahmen wieder zu erschweren. Dies wird von trans* aktivistischer Seite kritisiert, da es zum einen der Selbstbestimmung sowie dem selbstbestimmten Handeln von trans* Personen widerspricht sowie auf dem transfeindlichen Argument basiere, dass die Identifikation als trans* nur durch Druck von außen entstanden sei.