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Im Jahr 2010 beschäftigte sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit der Auslegung der Rechtssache Coleman v Attridge Law. Im vorliegenden Fall ging es um eine potentiell diskriminierende tarifvertragliche Regelung, bei der die Eltern wehrdienstleistender Söhne einen geringeren Ortszuschlag erhielten als Eltern von Kindern, welche kein Wehr- oder Ersatzdienst leisteten. Die Wehrpflicht galt zu diesem Zeitpunkt nur für Männer, was somit eine Besserstellung von Eltern mit wehruntauglichen und nicht-eingezogenen Söhnen sowie Eltern von Töchtern darstellte. Das BAG sah in der Regelung jedoch keine unmittelbare Benachteiligung aufgrund des Schutzmerkmals Geschlecht, da sich die besagte Vorschrift nicht an das Geschlecht der Arbeitnehmer*innen knüpfen würde. Die Begründung für diese Ansicht sei laut BAG die Richtlinie 2000/78/EG, die Diskriminierung aufgrund des Schutzmerkmals Geschlecht nicht abdecke und die Richtlinie 2006/54/EG verlange, dass die diskriminierte Person und die Schutzmerkmalsträger*in identischen seien müssten. Zudem liege laut BAG in dem Fall auch keine mittelbare Diskriminierung vor. 

Hier zeigt sich exemplarisch die ablehnende Haltung des BAG gegenüber dem Konzept der assoziierten Diskriminierung. In dem Urteil wurde zwar das Merkmal der Behinderung in Verbindung mit assoziierter Diskriminierung anerkannt, jedoch erfolgte keine Übertragung dieses Grundsatzes durch das BAG auf andere Schutzmerkmale. Zudem stützt sich das BAG auf die deutsche Übersetzung der Richtlinie 2006/54/EG, im englischen Wortlaut liegt hier kein Possessivbezug, also keine konkrete Bezugnahme auf die*den Merkmalsträger*in, vor, Die Klage hatte jedoch auch ohne Bezug auf das AGG Erfolg, da das Gericht einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 GG feststellte.