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§ 15 Abs. 2 AGG legt fest, dass der immaterielle Schaden, also die Persönlichkeitsverletzung, die eine Person durch eine Diskriminierung im Bereich Beschäftigung erlitten hat, in Geld zu entschädigen ist. Die Höhe der Entschädigung orientiert sich am jeweiligen Arbeitseinkommen und kann vom Gericht je nach Einzelfall bestimmt werden.

Bei einer diskriminierenden Nichteinstellung darf die Entschädigungssumme die Höhe von drei Monatsgehältern nicht übersteigen. Dazu muss außerdem klar sein, dass der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

Die Reformbedürftigkeit der Regelung wird klar, führt man sich ihre praktischen Konsequenzen vor Augen: Dadurch, dass die Höhe der Entschädigung an die Höhe des für die Stelle angesetzten Monatsgehalts gebunden ist, ist die Diskriminierung oder die diskriminierende Nichteinstellung einer Führungskraft für den_die Arbeitgeber_in „teurer“ als die einer_s einfachen Angestellten. Die Intensität einer erlittenen Persönlichkeitsverletzung kann jedoch nicht anhand des Gehalts – und demnach auch nicht nach Berufswahl und Bildungsgrad einer Person – bewertet und abgestuft werden.

Die Evaluation des AGG der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) stellt fest, dass es systematisch mangelhaft ist, ein materielles Kriterium wie ein bestimmtes Monatsgehalt der Berechnung eines immateriellen Schadens wie einer Persönlichkeitsverletzung zugrunde zu legen. Auch die Anknüpfung des Entschädigungsanspruchs an eine hypothetische benachteiligungsfreie Auswahlentscheidung ist unpassend.

Dass die Entschädigung – je nach Vergütung der ausgeschriebenen Stelle – höchst unterschiedlich ausfallen kann, könnte laut der Evaluation der ADS sogar an die Grenze des Art. 3 Abs. 1 GG („Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich“) heranreichen.

§ 15 Abs. 2 Satz 2 AGG sollte demnach vom Gesetzgeber durch eine Regelung ersetzt werden, die die Haftungshöchstgrenze anhand sachgerechter Kriterien bemisst, oder gänzlich gestrichen werden.