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Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 15.01.2013 (Case of Eweida and others v. the United Kingdom)

Sachverhalt: Die Klägerin ist seit 1999 Angestellte im Check-In Bereich der Beklagten, einem Luftfahrtunternehmen. Im Jahr 2004 führte die Beklagte eine neue Arbeitsuniform ein und gab ihren Mitarbeitern u. a. auf, religiöse Accessoires während der Arbeitszeiten nicht offen zu tragen.

Die Klägerin ist christliche Koptin und trägt eine Kette mit einem Kreuzanhänger. Sie entschied sich am 20.05.2006, diese Kette zum Zeichen ihrer Glaubenszugehörigkeit erstmals offen über der Uniform zu tragen, folgte aber der Anordnung ihres Vorgesetzten und bedeckte die Kette wieder. Am 07.08.2006 trug sie die Kette ein zweites Mal offen und wurde erneut angewiesen, diese zu bedecken. Gleichzeitig wurde sie darüber belehrt, dass sie mit dem nächsten Verstoß gegen die Kleiderordnung unbezahlt beurlaubt werde.

Am 20.09.2006 weigerte sich die Klägerin schließlich, die Kette abzulegen oder zu bedecken und wurde daraufhin ohne Entgelt beurlaubt, bis sie bereit wäre, den Anweisungen der Beklagten Folge zu leisten. Am 23.10.2006 bot ihr die Beklagte eine Stelle ohne Kundenkontakt und ohne Kleidervorschrift an. Dieses Angebot lehnte die Klägerin ab.

Der Fall gelangte Mitte Oktober 2006 an die Öffentlichkeit und die Beklagte kündigte im November 2006 an, ihre Kleiderordnung hinsichtlich der religiösen Accessoires zu überprüfen. Im Januar 2007 verabschiedete das Unternehmen eine neue Kleiderordnung, wonach das offene Tragen von religiösen Symbolen grundsätzlich gestattet sei, vorab allerdings einer Genehmigung bedürfe. Bestimmte Symbole wie z. B. das Kreuz oder der Davidstern seien von dieser Genehmigungspflicht ausgenommen und dürften auch ohne Rücksprache offen betragen werden. Daraufhin erschien die Klägerin am 03.02.2007 wieder an ihrem Arbeitsplatz.

Gegenstand der Klage waren schließlich die Urlaubstage der Klägerin vom 20.09.2006 bis 02.02.2007. Die Klägerin machte gelten, von der Beklagten diskriminiert worden zu sein und durch den Entgeltausfall einen Schaden erlitten zu haben. Die Beklagte weigerte sich, den entgangenen Lohn auszugleichen.

Entscheidung: Indem die Klägerin darauf bestand, ihre Kette mit dem Kreuz offen zu tragen, handelte sie auf Grund ihrer religiösen Überzeugung und übte ihren Glauben aus. Demgegenüber stand das Interesse der Beklagten, durch Uniformen ein einheitliches Bild gegenüber Kunden abzugeben. Die Kette der Klägerin war unauffällig und es ist unwahrscheinlich, dass diese die Kunden abgelenkt hätte. Es gibt keine Anhaltspunkte, wonach religiöse Symbole, die andere Arbeitnehmer nach Genehmigung trugen, das einheitliche Bild der Beklagten zerstört hätten. Insofern überwiegt das Recht der Klägerin.