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Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 23.09.2010 -EGMR 1620/03 

Sachverhalt: Der Beschwerdeführer war seit 1983 als Organist und Chorleiter bei einer katholischen Kirchengemeinde tätig. Sein Arbeitsvertrag sah unter anderem vor, dass ein grober Verstoß gegen kirchliche Grundsätze einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darstellen würde.

Im Jahr 1994 trennte sich der Beschwerdeführer von seiner Ehefrau, mit der er zwei Kinder hat. Die Trennung wurde im Januar 1995 bekanntgegeben. Seitdem wohnte der Beschwerdeführer in demselben Haus wie seine Lebensgefährtin. Nachdem die Kinder des Beschwerdeführers im Kindergarten erklärt hatten, dass ihr Vater wieder Papa werden würde, kündigte die Kirchengemeinde das Arbeitsverhältnis des Beschwerdeführers mit der Begründung, er habe gegen die Loyalitätsobliegenheiten gemäß Art. 5 GrO für den kirchlichen Dienst im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse verstoßen. Nach den Grundsätzen der Katholischen Kirche über die Unauflöslichkeit der Ehe habe der Beschwerdeführer dadurch, dass er eine außereheliche Beziehung zu einer anderen Frau unterhalte, aus der demnächst ein Kind hervorgehe, nicht nur Ehebruch sondern auch Bigamie begangen.

Entscheidung: Nach Ausschöpfung des nationalen Rechtsweges erklärte der Europäische Gerichtshof die Kündigung für rechtswidrig. Der Loyalitätsverstoß sei nicht gravierend genug, um eine Kündigung zu rechtfertigen, besonders in Hinblick auf das Recht auf Privatsphäre.