Nr. 9 / November 2015
NEWSLETTER
Diskriminierung
muss man
nicht
hinnehmen!
Die neunte Ausgabe des BUG Newsletters
Das
BUG veröffentlicht circa dreimal jährlich einen kleinen Newsletter.
Dieser stellt kurz und bündig die gegenwärtigen Aktivitäten des BUG
dar. Wer sich hierfür noch nicht auf der BUG-Webseite angemeldet hat,
ist herzlich eingeladen, dies zu tun. Dies dauert nur eine Minute. Über
eine Verbreitung des Newsletters bei Kolleg_innen und Interessierten
würden wir uns freuen.
Aktuelle Entwicklungen
- Die Niedersächsische Landesregierung hat im September 2015 in Hannover einer Änderung des Gaststättengesetzes
zugestimmt, die Diskriminierung wegen der ethnischen Herkunft oder
wegen der Religion beim Einlass oder Aufenthalt in einer Diskothek als
Ordnungswidrigkeit ahndet. Diese Form der Diskriminierung kann dann mit
einer Geldbuße von bis zu 10.000 Euro sanktioniert werden. Bei
wiederholtem Verstoß müssen die Betreiber sogar mit einer
Gewerbeuntersagung rechnen. Die Gesetzesänderung muss nun noch vom
Niedersächsischen Landtag beschlossen werden, dessen nächste
Plenarsitzung Mitte November 2015 stattfindet.
- Am 01. Oktober 2015 stellte der Menschenrechtskommissar des Europarates, Nils Muiznieks, seinen Bericht
zur Lage der Menschenrechte in Deutschland vor. Der Bericht beruht auf
Erkenntnissen, die der Kommissar während zweier Besuche im April
und Mai diesen Jahres gesammelt hatte. Er begrüßt, dass
Deutschland die meisten der internationalen Menschenrechtsverträge
ratifiziert, große Fortschritte beim Schutz von Flüchtlingen
gemacht und rassistische Beweggründe oder Ziele als erschwerenden
Umstand in das Strafgesetzbuch aufgenommen hat. Gleichzeitig kritisiert
Nils Muiznieks institutionelle Mängel, wie z.B. das Fehlen
einer unabhängigen Beschwerdestelle für die Polizei sowie
effektiver Kontrollinstrumente für Nachrichtendienste.
Außerdem betrachtet er den wachsenden Rassismus in Deutschland
mit Sorge und rügt die Voreingenommenheit von Polizei und
Strafverfolgungsbehörden gegenüber Minderheiten.
- Die
Verabschiedung des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung
jeder Form rassistischer Diskriminierung (ICERD) durch die
Generalversammlung der Vereinten Nationen jährt sich am 21.12.2015
zum fünfzigsten Mal. Das Übereinkommen zielt auf die
Verhinderung und Bekämpfung von rassistischer Diskriminierung ab
und soll Menschen rechtlich und tatsächlich davor schützen.
Aus diesem Anlass hat der UN-Anti-Rassismus-Ausschuss (CERD) eine neue
englischsprachige Internetseite eingerichtet, die Sie hier einsehen können.
Aktuelle Klagen des BUG
- Nach anderthalbjähriger Wartezeit wurde am 22. Oktober
2015 vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart die Klage eines Deutschen mit
afghanischen Wurzeln verhandelt, der im November 2013 in einem Zug
zwischen Baden-Baden und Offenburg einer verdachtsunabhängigen
Personenkontrolle durch die Bundespolizei unterzogen worden war. Das
BUG unterstützt seine Klage als Rechtsbeistand. Das VG Stuttgart
entschied, dass polizeiliche Personenkontrollen, die auf Grundlage des
§ 23 Abs. 1 Nr. 3 des Bundespolizeigesetzes durchgeführt
werden, europarechtswidrig sind. Dabei bezog sich der Vorsitzende
Richter überwiegend auf das sogenannte
‚Melki-Urteil‘ des Europäischen Gerichtshofes aus dem
Jahr 2010. Dies erklärte das französische Pendant zum
§23 Abs. 1 Nr. 3 wegen Verstoßes gegen den Schengener
Grenzkodex an den EU-Binnengrenzen für unzulässig, da die
Personenkontrollen, die sie erlauben, Grenzkontrollen ähneln. Hier finden Sie die Pressemeldung des BUG.
- Am
17. Juli 2015 begann vor dem OVG Rheinland-Pfalz die
Berufungsverhandlung der Bundespolizei gegen ein Urteil des
Verwaltungsgerichtes Koblenz, das die verdachtsunabhängige
Personenkontrolle einer deutschen, aus Westafrika stammenden Familie in
einem innerdeutschen Zug im November 2014 für unzulässig
erklärt hatte. Das OVG räumte der Bundespolizei eine Frist
ein, bis zum 25. September weitere Unterlagen vorzulegen. Das Verfahren
wird weitergeführt.
Aktivitäten
Auch in der zweiten Hälfte des Jahres 2015
hat das BUG aktiv Netzwerkarbeit mit anderen NGOs, Fakultäten und
Jurist_innen betrieben, die in der Gleichbehandlungsarbeit tätig sind.
- Auf
Initiative der SPD und der Friedrich-Ebert-Stiftung wurde am 07.
September 2015 ein Expert_innengespräch zum Thema ‚Racial
Pofiling‘ geführt. Dabei hat das BUG eine
gesellschaftspolitische Einordnung der Praxis des ‚Racial
Profiling‘ präsentiert. Die SPD plant sich diesem Thema
langfristig anzunehmen.
- Am 02. Oktober 2015 traf sich das Netzwerk
Anti-Diskriminierungs-Recht zum zweiten Mal in Kassel. Das Netzwerk hat
sich im August 2014 gegründet, um den Austausch zwischen
Anwält_innen und Antidiskriminierungsstellen in Deutschland
herzustellen. Das BUG ist in die Koordination eingebunden. Bei der
zweiten Sitzung diskutierte das Netzwerk über die
UN-Anti-Rassismus-Konvention (ICERD) sowie einen konkreten Fall.
Außerdem befasste es sich mit den Fragen, wie eine Kooperation
zwischen Beratungsstellen und Anwaltschaft aussehen und wie eine
Rechtsprechungsübersicht zusammengestellt werden kann.
- Am 17. August 2015 fand ein weiteres Treffen einer Gruppe von
Fachleuten zum Thema Datensammlung statt. Dabei wurde über den
Bereich Arbeitsmarkt diskutiert. Auf Grundlage dieser und anderer
vorangegangener Diskussionen über die Erhebung sensibler Daten in
verschiedenen Bereichen wird ein Themenpapier zu Gleichheits- und
Partizipationsdaten erstellt, das das BUG koordiniert.
- Bei der Konferenz „Diskriminierungsschutz
weiterentwickeln“ der Friedrich-Ebert-Stiftung am 05. November
2015 wird das BUG Reformvorschläge für das AGG
präsentieren und an der anschließenden Podiumsdiskussion
teilnehmen.
Internes
- Bedauerlicherweise
befindet sich das BUG zurzeit in einer schwierigen finanziellen Lage.
Ein neuer Förderantrag wurde gestellt. Es ist aber noch unklar, ob
dieser bewilligt wird. Um seine Arbeit weiterführen zu
können, ist das BUG daher auf Spenden angewiesen. Diese lassen sich nun
auch über betterplace.org
als Einzel- oder Dauerspenden an das BUG überweisen. Weitere
Informationen darüber, wie das BUG finanziell unterstützt
werden kann, finden Sie hier.
- Im Sommer wurde das Arbeitsprogramm 2016 des BUG erarbeitet.
Neue Schwerpunkte werden sein: religiöse Diskriminierung, 'Racial
Profiling' und Diskriminierung beim Zugang zu Wohnraum.
- Die 4. Mitgliederversammlung und die 8. Vorstandssitzung des BUG werden am 14. November 2015 stattfinden.
- Wir danken den folgenden Praktikant_innen für ihre Unterstützung:
Liane
Badiane hat ein Positionierungspapier zur fünften
Gleichbehandlungsrichtlinie der Europäischen Union
überarbeitet. Mélanie Lavenant hat ein Dossier zum Thema
„Diskriminierung aufgrund einer chronischen Krankheit“
erstellt und verschiedene europäische
Antidiskriminierungsrechtsrahmen miteinander verglichen.
Rebecca LaPoint hat eine Recherche zu Gleichheitsdaten in den USA
zusammengestellt und übersetzt Dossiers ins Englische. Maria
Giannisi stellt ein Dossier zum Thema “Diskriminierung an
der Diskothekentür” zusammen.
Joana Skowronek arbeitet an einer Infobroschüre zum Thema
‚Racial Profiling’ bei verdachtsunabhängigen
Personenkontrollen und stellt ein Dossier über
Gleichbehandlungsverpflichtungen der öffentlichen Hand zusammen.
Muhamad Sheraz Butt hat eine Hintergrundrecherche zu religiöser
Diskriminierung erstellt und erarbeitet ein Dossier über die
Situation von Sinti und Roma in Deutschland.
Kontakt
Büro zur Umsetzung von Gleichbehandlung e.V.
Greifswalderstr. 4 - Haus der Demokratie und Menschenrechte
10405 Berlin
Telefon: 0049 (0) 30 688 366 18
Fax: 0049 (0) 30 311 603 73
Email: info@bug-ev.org
Website: www.bug-ev.org
Das
BUG ist ein gemeinnütziger Verein, der Menschen, die Diskriminierungen
erlebt und sich dazu entschieden haben dagegen zu klagen, unterstützt.
Dabei liegt der Fokus auf strategischen Klagen, die nicht nur einzelnen
Personen, sondern einer ganzen Gruppe zugute kommen. Nach § 23 AGG
erfüllt das BUG die Vorraussetzungen als Beistand vor Gericht
aufzutreten. Das BUG ist Mitglied im Paritätischen und im Europäischen
Netzwerk gegen Rassismus (ENAR).
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