Nr. 8 / Juni 2015
NEWSLETTER
Diskriminierung
muss man
nicht
hinnehmen!
Die achte Ausgabe des BUG Newsletters
Das
BUG veröffentlicht circa dreimal jährlich einen kleinen Newsletter.
Dieser stellt kurz und bündig die gegenwärtigen Aktivitäten des BUG
dar. Wer sich hierfür noch nicht auf der BUG-Website angemeldet hat,
ist herzlich eingeladen, dies zu tun. Dies dauert nur eine Minute. Über
eine Verbreitung des Newsletters bei Kolleg_innen und Interessierten
würden wir uns freuen.
Aktuelle Entwicklungen
- Der
Sonderberichterstatter zu gegenwärtigen Formen von Rassismus der
Vereinten Nationen (Mutuma Ruteere) stellt am 30. Juni 2015 dem UN
Menschenrechtsrat seinen Bericht zu ‚racial profiling‘
vor. Der Sonderberichterstatter schlägt Maßnahmen vor, wie ‚racial
profiling‘ vorgebeugt werden kann. Das BUG wird in seinem Bericht als
‚Gute Praxis‘ erwähnt. Am 30. Juni findet im Zusammenhang dieser
Sitzung eine Podiumsdiskussion statt, bei der das BUG sprechen wird.
- Das
Bundesverfassungsgericht hat am 27. Januar 2015 entschieden, dass ein
pauschales Kopftuchverbot für Lehrkräfte in öffentlichen Schulen mit
der Verfassung nicht vereinbar ist. Ein solches Verbot verstoß gegen
die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit gemäß Artikel 4 Abs. 1 und Artikel
1 GG und kann nur gerechtfertigt werden, wenn es eine hinreichend
konkrete Gefahr der Beeinträchtigung des Schulfriedens gibt oder die
staatliche Neutralität bedroht ist. Eine Lehrerin in NRW hatte Klage
eingereicht, die nun nach Jahren des Klageweges beim
Bundesverfassungsgericht (1 BvR 1181/10) entschieden wurde.
- Das
Innenministerium plant einen weiteren Aktionsplan gegen Rassismus zu
erarbeiten. Die Empfehlungen der Weltkonferenz gegen Rassismus der
Vereinten Nationen in Durban in 2001 regen an einen nationalen
Aktionsplan zu erstellen und umzusetzen. Ab Herbst 2015 soll vom
Innenministerium ein erster Entwurf veröffentlicht, der dann mit der
Zivilgesellschaft diskutiert werden sollte. Dieser wird mit dem Thema
‚Homophobie‘ ergänzt. Bereits in 2005 wurde ein sogenannter NAP
entwickelt, der damals von zivilgesellschaftlichen Akteuren stark
kritisiert wurde.
- Der Bundestag hat in seiner 94. Sitzung am 19.3.2015
einen Gesetzentwurf zur Novellierung des § 46 StGB diskutiert.
Dieser setzt die Empfehlungen des NSU-Untersuchungsausschusses um,
durch den Hassverbrechen adäquat sanktioniert werden können. Eine
Verabschiedung des Gesetzentwurfes wurde vorgenommen. Eine Zustimmung
des Bundesrates steht jedoch noch aus.
- Am 16. Oktober 2014 eröffnete die Europäische Kommission ein
Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik. Wegen
regelmäßiger verdachtsunabhängiger Personenkontrollen im Grenzgebiet
auf der Grundlage des § 23 Bundespolizeigesetz, sieht sie den
Schengener Grenzkodex verletzt. Der Grenzkodex sieht keine
Personenkontrollen an nationalen Grenzen – sofern dies keine EU
Außengrenzen sind – vor. Die Kontrollen waren wegen des Vorwurfs von
‚racial profiling‘ in die Öffentlichkeit geraten.
Aktuelle Klagen des BUG
Das BUG begleitet vier ‚racial profiling‘ Klagen. Zurzeit werden drei Klagen bei Verwaltungsgerichten verhandelt.
- Der Kläger wurde im Hauptbahnhof Bochum von zwei Beamten der
Bundespolizei einer Personenkontrolle unterzogen. Erst nach Weitergabe
der Dienstnummer des einen Beamten legte er seinen deutschen
Personalausweis vor. Die Bundespolizei konnte sich nicht auf einen
Grund der Personenkontrolle festlegen. Nach Aussagen der
Rechtsvertreter der Bundespolizei hätte der Kläger ein Obdachloser,
Drogendealer, Islamist oder illegal Eingereister sein können. Der
Kläger wird vom BUG als Beistand unterstützt. Der erste
Verhandlungstermin hatte am 23. April in Köln stattgefunden. Weitere
Informationen finden Sie hier.
- Anfang Januar 2014 fuhr der Wissenschaftler Dr. Andreas S., der
aus einer deutsch-indischen Familie stammt, mit dem Zug von Kempten
nach München. In der Nähe von Kaufbeuren stiegen Bundespolizeibeamte zu
und führten bei Herrn Dr. S. eine verdachtsunabhängige
Personenkontrolle durch. Der Betroffene, der bereits wiederholt
ähnliche Erfahrungen gemacht hat, vermutete wegen seiner Hautfarbe
kontrolliert worden zu sein. Er reichte Klage ein und suchte die
Unterstützung des BUG. Eine erste Verhandlung fand am 8.April 2015
statt. Am 20.05.2015 wurde dann auch der zweite Beamte als Zeuge
befragt. Das Verfahren wird nun auf dem schriftlichen Wege fortgesetzt.
Zu dem Fall können Sie hier mehr erfahren.
- Bereits im Oktober 2014 hatte das Verwaltungsgericht
Koblenz ein unerwartetes Urteil in dem Fall ausgesprochen, bei dem eine
deutsche Familie mit westafrikanischen Wurzeln auf einem
Wochenendausflug einer verdachtsunabhängigen Kontrolle unterzogen
wurden. Da die Bundespolizei dieses Urteil nicht akzeptierte, ist nun
am 17.Juli Berufungsverhandlung beim OVG Rheinland-Pfalz.
- Bei einer weiteren anhängigen Klage in Stuttgart steht im Moment kein Verhandlungstermin an.
Aktivitäten
Auch in der ersten Hälfte des Jahres 2015
hat das BUG aktiv Netzwerkarbeit mit anderen NGOs, Fakultäten und
Jurist_innen betrieben, die in der Gleichbehandlungsarbeit tätig sind.
- Am
14. April hat das BUG an einem Expertengespräch über das Thema
„Diskriminierungserfahrungen in der Einwanderungsgesellschaft“ bei der
Friedrich Ebert Stiftung (FES) teilgenommen. Eine mögliche Reform des
AGG wurde vom BUG vorgestellt. Das BUG wird hierzu einen umfassenden
Artikel veröffentlichen und im November 2015 bei einer Tagung der FES
und der Türkischen Gemeinde einen Beitrag leisten.
- Am 5. und 6.
Mai 2015 hatte die Bundesregierung dem Antirassismus-Komitee der UN
(CERD) seinen Bericht bezüglich Rassismus in Deutschland vorgestellt.
Das BUG hatte einen Alternativbericht zum Thema Diskriminierung von
Muslimen durch die Ausnahmeregelung des § 9 AGG erarbeitet. Den Bericht
der Bundesregierung finden Sie hier. Der Bericht des BUG ist hier zu finden. Die Abschließenden Bemerkungen des CERD Komitees finden Sie hier auf Englisch und Deutsch.
Internes
- Das BUG hat ein Infoblatt zu Diskriminierung von Sinti und Roma und zu religiöser Diskriminierung
erarbeitet und an betroffene NGOs und Gruppen versandt. Hierdurch
sollen Betroffene von solchen Formen von Diskriminierung einschätzen
können, ob sie eine Klage erwägen wollen und die Unterstützung des BUG
nutzen.
- Das estnische Gender Institut veranstaltete am 10. April 2015
in Tallinn einen Workshop zu „strategischer Prozessführung“. Das BUG
wurde eingeladen, um seine Erfahrungen mit ‚strategischer
Prozessführung‘ in Deutschland vorzustellen.
- Die Bielefelder Presse berichtete vor einiger Zeit von einem
Diskriminierungsvorfall in Bielefeld, bei dem ein Jugendlicher
vermeintlich wegen seiner Herkunft bei einem Club abgewiesen wurde. Der
Integrationsbeirat der Stadt Bielefeld bereitete diesbezüglich ein
Treffen vor, um mit dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband
(DEHOGA), Diskothekenbetreiber_innen und Vertreter_innen des
Integrationsbeirates ins Gespräch zu kommen. Pragmatische Optionen zur
Vorbeugung solcher Abweisungen sollte besprochen werden. Das BUG war
gebeten worden seine Erfahrungen einzubringen und die Sitzung am
27.05.2015 zu moderieren. Konkrete nächste Schritte konnten abgestimmt
werden.
- Wir danken den folgenden Praktikant_innen für ihre Unterstützung:
Kristin Birkenzeller hat ein Dossier zu chronischen Krankheiten
begonnen das nun von Mélanie Lavenant weiterbearbeitet wird. Jana
Klusmann hat eine Recherche zur Körperschaft des Öffentlichen Rechts
zusammengestellt. Chloe Rommes bearbeitet ein Dossier zu „public sector
duty“ (positiven Verpflichtungen) und hat Datenschutzgesetze
zusammengefasst.
Karla Ganz hat den vorliegenden Newsletter erarbeitet und stellt ein
Dossier zu ‚institutionellem Rassismus‘ zusammen. Judith Schramm
unterstützt das BUG bei Weiterentwicklung der Webseite und beim
Archivieren von Material.
Kontakt
Büro zur Umsetzung von Gleichbehandlung e.V.
Greifswalderstr. 4 - Haus der Demokratie und Menschenrechte
10405 Berlin
Telefon: 0049 (0) 30 688 366 18
Fax: 0049 (0) 30 311 603 73
Email: info@bug-ev.org
Website: www.bug-ev.org
Das
BUG ist ein gemeinnütziger Verein, der Menschen, die Diskriminierungen
erlebt und sich dazu entschieden haben dagegen zu klagen, unterstützt.
Dabei liegt der Fokus auf strategischen Klagen, die nicht nur einzelnen
Personen, sondern einer ganzen Gruppe zugute kommen. Nach § 23 AGG
erfüllt das BUG die Vorraussetzungen als Beistand vor Gericht
aufzutreten. Das BUG ist Mitglied im Paritätischen und im Europäischen
Netzwerk gegen Rassismus (ENAR).
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